Im Cypher überhaupt auf Rumantsch zu rappen verdient schon mal unseren Respekt. Darum wollen wir uns auch gar nicht zwischen Giganto und Sirius entscheiden. Fazit: Nichts verstanden, trotzdem dope. Und Anti-Polizei-Lines sind eh universell.
Sehr mutig und gewagt war der Approach von Cypher-Crasher Saimon Disko. Abgesehen von der Wichtigkeit eine Plattform wie diese für echte Probleme dieser Welt zu nutzen, spührte man während seiner Performance die Emotion und die Dringlichkeit des Themas.
Nach dem Shitstorm vom letzten Cypher haben sich die Hosts dieses Mal schon mal vorsorglich von allem distanziert, was irgendwie «explizit» sein könnte. Ob der Part von OG Florin auch in diese Kategorie gehört, wissen wir nicht, aber die Lines sprechen für sich: «Mach jetzt daily Ligistütz zum Nazis chönne brätsche / haue Transphobes i d’Frässe / damit sie min Name nöd vergässed».
Sturmmaske, Brusttasche und richtig viel Wut im Bauch: Mit gewohnt-gekonnt hässigen Lines hat ARTBABE mehr truth gespittet als manchen lieb ist und ein kurzes Shoutout an LYRICS Journalistin Yorsina abgegeben. «Mini haubi Gang isch trans, dini ganz isch transphob / bringe Genderwahn a d’Bounce und e Lanze i di Chopf. / Cancel Culture funktioniert nid / worum i das weiss? / wöu Abuser geng no hie sind.» Mit Seitenhieben gegen alles und jeden und insbesondere gegen kollektives Schweigen im männerdominierten Rapbetrieb gabs nicht nur im Bounce-Studio heruntergeklappte Kinnladen.
Lloyd P-White war der erste, der im neu geschaffenen Mix-Block ans Mic gesteppt ist und zuerst vor allem durch die mitgebrachten Fussballschuhe auffiel. Überzeugt hat dann aber doch die Selbstsicherheit, mit der er gegen die Sensibilität der einen und die Herkunft der anderen abfeuerte: «Don’t think they like this one / cuz I hear the Bünzlis saying / «This guy ain’t Swiss» / halt d’Frässi, I don’t sound like this»
Es scheint klar, was man für ein Vorbild hat, wenn man Street-Newcomer aus Dietikon ist. AJAY trieb es jedoch auf die Spitze und sorgte für eine Cypher-Premiere - sein erster Beat war das Instrumental von Xens «Sandchaste».
Dass der Cypher für viele als Battle-Rap Plattform angesehen wird, ist klar. Offensichtliches Name-Dropping ist hingegen untypisch, vor allem von jemanden der das erste Mal eingeladen wurde. ISMA lieferte uns genau das in Form einer respektablen Performance.
Mit dem Erfolg der Nummer 1 der Schweizer Album-Charts im Gepäck musste MC Hero seine natürlich dabei haben. Dazu hat er noch richtig Präsenz markiert: «Ich sprich das us, wo sich keine traut / ihr rappet über Sache, wo euch keine glaubt. / Ich los eu zue und ich muess fascht immer lächle/ wel ich has meiste gmacht, wo die andre drüber rappe.»
Es fängt soft an, schlägt aber nach einer herzerwärmenden Gesangseinlage um, denn Cachita ist nicht zum Spass hier. Sie hat die Schnauze voll von Rappern, die sich nicht so verhalten, wie ihre Mamis sie beschreiben. Ihr ganzer Auftritt erzählt eine Story, eine Story die Nicht-Dudes nur zu genüge kennen, die Story des Unterschätztwerdens.
Die wohl grösste Überraschung fand dieses Jahr nicht am Mic statt: Denn während Sulaya vorne gewohnt souverän lyrisch ausgeteilt, bewegt sich im schlecht ausgeleuchteten Hintergrund plötzlich etwas. Jemand sprayt an die Studiowand –und als der fertige Tag macht klar: Das war Sprayer-Legende Puber.