Während wir im Westen bei systemkritischen Protesten kaum etwas zu befürchten haben, herrscht im Iran momentan eine andere Realität. Wer sich da öffentlich mit Kritik gegen das Regime äussert, begibt sich in Lebensgefahr. Zurzeit findet im Iran nämlich eine Revolution statt, die nicht nur beeindruckend mutig ist, sondern als Sinnbild für den Kampf um Menschlichkeit und Freiheit steht. Mit Hunger auf Gerechtigkeit nutzt das iranische Volk ihre Stimme und demonstriert für einen «freien Iran». Nach der Tötung von der Kurdin Mahsa Amini im September durch Polizeigewalt begannen die Proteste. Unter der konstant wachsenden Anzahl der Demonstrant:innen befinden sich auch Rapper.
Der 23-jährige Rapper Mohsen Shekari, welcher angeblich bei einer Demonstration einen Sicherheitsbeamten verletzt haben soll, wurde dafür bereits hingerichtet. Innerhalb seiner 75-tägigen Inhaftierung vor dem grausamen Urteil wurden ihm schockierenderweise weder ein Anwalt, noch irgendeine andere Form eines fairen rechtskräftigen Prozesses in Aussicht gestellt. Auch Shervin Hajipour wurde aufgrund seines Songs «Baraye», welchen er für die Proteste schrieb und der auch von vielen bis heute als eine Freiheits-Hymne gespielt wird, Ende September verhaftet. Gegen eine Kaution kam er aber eine Woche später wieder frei. Der originale Song wurde kurz nach seiner Verhaftung vom Internet entfernt. Aufgrund von Reposts auf Social-Media ist «Baraye» jedoch bis jetzt noch online. Shervin distanzierte sich, womöglich unter Druck und Folter, nach seiner Freilassung öffentlich von den politischen Einflüssen seines Songs. In seiner Instagram-Story äusserte er sich, dass er die politische Verwendung von «Baraye» als unangemessen empfinden würde.
Weniger Glück hat aktuell Toomaj Salehi. Der 32-jährige Rapper befindet sich seit Ende Oktober 2022 in Gefangenschaft. Nicht zum ersten Mal erlitt er dieses Schicksal. Schon 2021 nach dem Release seines Songs «Soorakh Moosh» wurde er inhaftiert. Amnesty International finanzierte damals noch seine Kaution. In jenem Song wirft er dem Regime und ihrer Unterstützung Korruption vor, hinterfragt ihr heuchlerisches Verhalten und verlangt in der Hook, dass man sich mit so einer Haltung in ein Mäuseloch (Soorakh Moosh) verkriechen sollte. Gleichzeitig regt er mit bestärkenden Worten zum Zusammenhalt auf: das Potential sei unlimitiert, wenn man sich vereinigt.
Aktuell sitzt Toomaj, unter anderem wegen seinen Aussagen im Interview mit CBC-News, im Gefängnis. Im 20-minütigem Austausch mit dem kanadischen News-Portal äusserte er sich furchtlos und klar für die Proteste und empfindet es als seine Aufgabe die Menschen zu motivieren, für ihre Freiheit einzustehen. Dabei sieht er sich aber auf der gleichen Ebene mit allen Demonstrant:innen. In dieser schweren, aber entscheidenden Zeit, möchte er, dass die Menschen im Iran wie eine Familie zusammenstehen. Denn schliesslich verfolge man das gleiche Ziel: der Wunsch auf einen «freien Iran». Er betont auch, dass man die Proteste weiterhin friedlich führen soll. Nur so ziehe man neue Leute mit und unterscheide sich ersichtlich vom unmenschlichen, in seinen Worten tierischen Verhalten des Regimes.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht eindeutig, wie es mit dem Schicksal von Toomaj aussieht. Medien wie NBC News sprachen am vergangenen Wochenende von einer möglichen Hängung, aufgrund seiner neuen Verurteilung: «corruption on earth». Darunter versteht man die Bedrohung vom sozialen und politischen Wohlbefinden und kann im Iran die Todesstrafe zur Folge haben. Sich über die Situation im Iran zu informieren, Aufmerksamkeit zu schaffen und als Volk seine eigene Regierung dazu aufzufordern, Unterstützung anzubieten an Orten, wo ein Regime sein eigenes unschuldiges Volk unterdrückt, seien die Aufgaben aussenstehender Personen. Jedoch erwarte das iranische Volk keine Hilfe. Mit oder ohne Unterstützung von aussen, die Bewegung würde wachsen. Nicht einmal Staaten, welche das Regime finanzieren, können sie davon abhalten auf die Strasse zu gehen. Niemand könne diese Revolution noch stoppen, so Toomaj.
Diese drei HipHop-Musiker nutzten ihre Stimme, um ihr revolutionäres Gedankengut mit ihren Mitmenschen zu teilen. Sei es aktiv an Demonstrationen teilzunehmen, Songs mit ermutigenden Inhalt zu schreiben oder sich mit einer selbstverständlichen Furchtlosigkeit gegen jegliche Form von Unterdrücken zu stellen; Mohsen Shekari, Shervin Hajipour und Toomaj Salehi bestärkten mit ihren Taten viele Personen in ihrem Kampf um einen «freien Iran».
Falls du den Iran aktiv unterstützen willst, kannst du das:
[artikel=1]