Die 10 einflussreichsten Schweizer Rap-Alben der letzten zehn Jahre
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Die Rap-Dekade 2010-2019

Die 10 einflussreichsten Schweizer Rap-Alben der letzten zehn Jahre

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Die Rap-Dekade 2010-2019

Die 10 einflussreichsten Schweizer Rap-Alben der letzten zehn Jahre

Damian Steffen
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Die 10 einflussreichsten Schweizer Rap-Alben der letzten zehn Jahre
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Die Dekade endet. Zeit zum Resümieren. Schliesslich war das sich dem Ende zu neigenden Jahrzehnt auch für die Schweizer Rap-Szene eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Das LYRICS Magazin meint, zu wissen, welche Alben den Zeitgeist entscheidend mitgeprägt haben.

CH-Rap hat in den 10er-Jahren einen noch nie da gewesenen Aufschwung erlebt – kommerziell wie auch kulturell. Alben sind mit Edelmetall ausgezeichnet worden, Rap wurde im Radio gespielt und die Szene hat sich diversifiziert: Einige KünstlerInnen haben den Weg in den Mainstream eingeschlagen und andere haben Untergrundströmungen geformt. Die letzten Jahre waren – auch wenn da vielleicht die Fraktion der 90s-Liebhaber widersprechen möchten – aufregende Jahre, in denen sich Schweizer HipHop rasant entwickelt hat.

Die Top10 der einflussreichsten Schweizer HipHop-Alben

So präsentiert sich die Dekade: Von Aufbruchsstimmung bis zur Erlahmung. In den Jahren 2010-2019 haben einige Werke unsere Kultur entscheidend mitgeprägt, einen hörbaren Einfluss auf andere Artists ausgeübt und Mindsets geformt. Welche sind diese Alben, denen zweifellos das Prädikat «Klassiker» aufgedrückt werden kann? Diese Frage haben wir unseren Journalistinnen und Journalisten, aber auch externen Szenekennern gestellt. Resultiert ist  ein Ranking, bei dem Geschmack, Fan-Love und persönliche Beziehungen ausgeklammert werden. Was zählt ist der Einfluss.

[10] CBN - «Tourist»

«Tourist» ist wohl das Lieblingsalbum deines Lieblingsjournalisten. 2016 erschienen, hat CBN, einer der Vorzeige-Lyricists der Schweiz seinen Magnum Opus vorgelegt. Abstraktere Bilder, wie diejenigen aus CBNs Federn hatte man in der Schweiz noch selten gehört. Das melancholische Soundbild - eingespielt durch eine Band und produziert von Levin Dennler - ist zeitlos. «Tourist» in seiner Gänze erfasst: Elitär, charismatisch, elegant und emotional.

[9] Xen, Liba & EAZ - «Physical Shock»

Der zweite Langspieler von Xen weiss zu performen. Nach seinem Debüt schart der Dietiker 2017 seine Homies um sich und formt das Label «Physical Shock». Liba, EAZ und Xen – drei Wortakrobaten rappen sich auf dem gemeinsamen Sampler um Kopf und Kragen. «Physical Shock» wird fortan von vielen als Speerspitze des Schweizer Raps gehuldigt. Die Messlatte wurde ganz hoch angesetzt – eine ganze Szene wurde dazu eingeladen, mitzuziehen. Der Sampler leitete ein neues Kapitel der Newschool ein.

[8] S.O.S. - «Akim» & «Imani»

Der Sampler war im Jahr 2017 nicht der einzige Knaller. S.O.S. sind gerade auf dem Zenit ihrer losgetretenen Welle und droppen im Hochsommer gleich zwei vollwertige Alben auf einen Schlag: «Akim» und «Imani». Moderner Moshpit-Sound mit Message ist der Trademark-Sound von Dawill und Nativ. Höchstpolitisch und schon fast philosophisch texten sich die beiden Struggles von der Seele ohne sich dabei in Metaphern, Bildern und Theorien zu verstricken: Conscious-Rap für eine neue Generation an Zuhörerinnen und Zuhörern – frei von elitärem Getue. Libertäre Visionen werden gespreadet, die Musikalität leidet aber zu keinem Zeitpunkt unter dem Ballast der schwerverdaulichen Themen. Zwei weitere Meilensteine, die bis heute in den Köpfen einer ganzen Community nachhallen. Es sind die beiden vorerst letzten Werken der Formation S.O.S.  

[7] Lo & Leduc - «Zucker fürs Volk»

Das Berner Duo hat 2014 dank unverwechselbarem Charisma die Tür zum Mainstream eingetreten. Sechs Jahre nach dem Bligg-Entrance setzt sich die Beiden mit «Jung verdammt» im Radio-Airplay fest und ebnen den Weg für Nachfolger: Heute sind auch Mundart-Rap-Acts – vorausgesetzt, die Attitude ist massentauglich, das Gewand etwas poppiger und Fluchwörter in den Texten spärlich eingesetzt – auf den Festival-Line-Ups, den Galas und den Boulevard-Medien gern gesehene Gäste. Die Ansätze ihrer vorangegangenen Mixtapes wurden  auf «Zucker fürs Volk» perfektioniert: Instrumente wurden organischer eingesetzt, die Texte liessen sich auf mehreren Ebenen auslegen. Der Zielgruppen-Spagat zwischen Schulmädchen und Deutschprofessor wird gekonnt gemeistert.

Auf den Hass von Realkeepern kontert Lo: «Wenn andere Rapper uns Pop-Musiker nennen, ist mir das ebenfalls Schnuppe – sie können selbst entscheiden, ob sie von Rappern oder von Pop-Musikern an der Bounce Cypher verbrannt worden sind.» Das grosse «Hype»-Interview kannst du hier nachlesen.

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[6] Xen - «Ich gäge mich»

In den frühen 10er Jahren formte sich in der Schweiz ein neues Subgenre: Strassen-Rap ist das Sprachrohr jugendlicher Migranten aus der gesellschaftlich unteren Schichten. Auf YouTube wurden Erfolgsformate wie «Din 16er Tv», «CÜS HELVATIA» oder «Heb de Latz» lanciert, bei welchen sich zahlreiche Kids zu beweisen versucht haben - unter anderem auch Xen. Was ihn allerdings aus der Masse von mehr oder minder ambitionierten Newcomers herausstechen liess: Er konnte als einziger die Bissigkeit, Energie und lyrische Finesse der YouTube-Videos auf Albumlänge abliefern. Tausenden Kids ist er zum Idol geworden. Das Album ist Gold. Überall wurde Xen gepumpt –  ganz ohne Hitsingle oder Major-Deal. Die Street-Credibility und ein Qualitätsalbum hat gereicht, um Xen ganz oben zu platzieren. «Ich gäge mich» vereint Trap mit  Oldschool-Elementen und macht es zum Blueprint. Der Platz in CH-Raps Hall of Fame - sollte es diese einmal geben - ist reserviert.

[5] Pronto - «Europe»

Ein mutiger Move, ein ganzes Album ohne Vorankündigung auf den Markt zu werfen. Von den einen als One-Hit-Wonder abgestempelt, von anderen als zu eindimensional eingeschätzt, aber auch von vielen gefeiert, war man sich nicht sichern, ob der Solothurner auch auf Albumlänge begeistern kann. Die Antwort kann man spätestens ein Jahr später mit Sicherheit beantworten: Pronto ist mit «Europe» zum Streaming-Garant mutiert - ohne sich dabei dem Mainstream anzubiedern. Er ist kein Trittbrettfahrer, sondern hat seinen ganz eigenen Style kreiert. «Europe» ist Mumble-Rap, der – trotz schwer verständlichen Texten – auch lyrisch etwas hergibt. Hymnen über Familie, Loyalität, Flucht aus der Gesellschaft widerspiegeln den Mindstate einer jungen Generation. So durchgekaut die Themenauswahl klingen mag, Pronto verliert sich nicht in Floskeln. Auf «Europe» können sich mittlerweile alle einigen. Auch die, die am Anfang gehated haben. Die nachfolgende Trap-Generation mumblet auf Mundart nicht mehr auf Englisch auf den Beats. Der Einfluss Prontos ist nicht von der Hand zu weisen.

[4] S.O.S. - «Candomblé»

«Candomblé» war der Grundstein für einen Hype: Aus dem Nichts wurde das Gratis-Album im März 2016 zum Download-Hit. Man sprach instant von einer neuen Ära. Old- und Newschool scheint sich trotz dem Fremdeln zweier Zielgruppen dank dem Hausproduzenten Questbeatz perfekt verbinden zu lassen. Verziert wird mit wildesten Adlibs und Bärndütsch-Slang. Die geballte Energie bekommt man nicht nur durch die PC- und Auto-Boxen mit: Die Liveshows sind ein Moshpit-Massaker und zeigen auch, für wen S.O.S. Sound macht. Ein hässiges Publikum, das neben politischen Statements eben auch nicht auf den Turn-Up verzichtet. Nativ und Dawill haben eine musikalische Wave losgetreten, auf der einige Rapper heute noch surfen.

[3] Tommy Vercetti - «Seiltänzer»

Tommy, der bis anhin nur durch EFM-Mixtapes mit witzigen Representing-Bars aufgefallen ist, trumpfte 2010 zum grossen Solodebüt auf: Seiltänzer gleicht einer Abhandlung über die grossen philosophischen Themen wie Liebe, Geburt oder Tod. Damit sprach ein erstes Mal ein CH-Rapper eine Zielgruppe fernab von Rap-Fans an: Auf einmal hörten und analysierten Kunstkritiker, Studenten, Professoren und Juroren von Literaturpreisen (deren Preis sich Tommy übrigens auch einsackte) ein Schweizer HipHop-Album. Damit erweiterte er den Wirkungsradius der Szene. Weitere Artitsts sollten auf dem von Vercetti geebneten Weg folgen und ebenfalls beim Feuilleton Begeisterungssprünge auslösen können. Nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich hatte der Berner neue Massstäbe gesetzt. Mit komplexen Metaphern und verstrickten Wortspielereien legte Tommy die Latte hoch. Noch heute werden neue Werke gerne mit dem Erstling des Berners verglichen. «Seiltänzer» hatte den Anspruch, Menschen auf Lebenszeit zu prägen. Seine Ideen über Religion, Kapitalismus und Herrschaftssysteme dürften bei seinen Zuhörerinnen und Zuhörern Spuren hinterlassen haben. Definitv ein Anwärter für den Titel des besten CH-Rap-Albums of all time.

[2] Stereo Luchs - «Lince»

Nach einer langjährigen Karriere hatte Stereo Luchs 2017 das Glück sich genau am Zeitgeist zu bewegen. Während Dancehall-Sound im deutsprachigen Raum dank MHD, RAF Camora oder Drake Fahrt aufnimmt, steht Stereo Luchs als Szenekenner bereit und adaptiert den Trend zusammen mit den Erfolgsproduzenten Kitschkrieg auf Mundart. Seine Symbiose von Rap-, Dancehall- und Reggae-Einflüssen ist plötzlich überall: Auf den mobilen Speakern, auf den Fussballplätzen, in den vorbeifahrenden Autos und im Club. «Lince» perfektioniert, was Stereo Luchs schon immer ausgezeichnet hat: Berührende Erzählweise, melancholische Vibes auf karibisch anmutenden Instrumentalen. Stereo Luchs zeigt, wie Dancehall auf Mundart zu klingen hat. Vielfach wurde dieser Blueprint imitiert - erreicht bis heute aber nicht. Das Album hat mit Stereo Luchs nicht nur einen weiteren Urban-Künstler ins Rampenlicht gestellt, sondern hievt auch die Experimentierfreudigkeit der Schweizer Szene auf ein neues Level.

[1] Mimiks - «VodkaZombieRambogang»

In den Charts von 0 auf die 1: Vor bald sechs Jahren kam Mimiks mit seinem Debütalbum um die Ecke und auf einmal war ein junger ungestümer Luzerner der fresheste im Game. Den Sound aus dem dreckigen Süden Amerikas, den er bereits auf dem Mixtape «Jong & Hässig» verfolgt hatte, sorgte dafür, dass auch in der Schweiz eine neue Ära angebrochen ist. Ein Zeitalter, in dem ein Rapper Erfolg hatte, der nicht nach Volksmusik oder Pop klang. Ein Zeitalter, in dem man sich für das Auftreten und den Dialekt nicht mehr schämen musste. «VodkaZombieRambogang» war der Weckruf für eine schlafende Szene und macht Mimiks zum Game-Changer schlechthin.

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