Es ist erfrischend, wie sich die Jungs aus dem Berner Fischermätteli-Quartier einerseits konsequent weigern, sich selber allzu ernst zu nehmen. Gleichzeitig aber zeigen sie, wie sie die genre-typischen Punchlines problemlos meistern, um ihr Revier zu markieren. «Als ob das schwierig wär / mache öppis und sie fiires när / gibe mir säuber es ungschickts High Five / mit mine beidne linke Händ» (Frank Punk, “FHG”) - so einfach ist das.
FHG, dass sind jene, die die Früchte ablesen, die glücklich sterben, die Sünneler*innen. Fischmätterlinge verdursten nicht, sie atmen Wasser direkt aus der Luft. Doch was macht einen zum Fischmätterling? Was macht ein Quartier zu einer Hood? Und was ist überhaupt der Unterschied zwischen Hood und Heimat?
Die Fischermätteli Hood Gäng ist für alle, da sind sich die Vier einig. Es geht darum, als Gemeinschaft zusammenzukommen, solidarisch zu sein, über sich selbst zu lachen und allem einen grossen Mittelfinger zu zeigen, was Kapital über Menschen setzt. Und dazu gehört Wohnraum, in dem Menschen leben und sich entfalten können. Ohne Angst zu haben, dass steigende Mieten und Aufwertung sie vertreiben. «I fahre Tram am Morgä äxtra mit Bier idr Hand, hoffe wäg Type wie mir zieh Familie ufz Land» (Fantu, “Für immer”). Lines wie diese kommen nicht von ungefähr, wie Frank Punk erklärt: “Gentrifizierung beschäftigt viele junge Leute in Bern. Es ist eine reale Bedrohung, dass wir nicht mehr da leben können, wo wir immer gelebt haben und wo wir ein soziales Netz haben. Spätestens, wenn es dich erwischt, schnallst du, was abgeht. Dass man verdrängt werden kann.”
Sucht man in der Stadt Bern nach Wohnungen, so findet man im Beschrieb der Wohnung ab und zu den Vermerk «2min Fussweg zur Gelateria di Berna» - geographische Nähe zur Berner Kult-Gelateria wertet die Wohnung auf. Dazu rappt FHG: «Du chasch still unter Sklavebedingige ine Gelateria go Chuglä verteile / oder doch lieber wine Tochter vor Nacht ine Gelateria go Chuglä verteile» (Frank Punk, “Soziale Ufstig”).
Doch es gibt auch abwertende Faktoren in einem Quartier. So erklärt Frank Punk: “Hier trennt sich meiner Meinung nach der Weizen vom Spreu. Es gibt eine klare Grenze zwischen Menschen, die wirklich alternativ leben wollen, und Hipstern, die einfach cool wohnen möchten. Und diese Grenze ist die Drogenabgabestelle.“ Er überlegt, dass Institutionen wie die Methadonabgabestellen in der links-grünen Stadt Bern zwar breit akzeptiert sind, doch wer möchte denn wirklich eine im eigenen Quartier haben und jeden Tag mit den Abhängigen konfrontiert sein?
«Es sind nur ganz wenige Menschen, die sehr viel Wohnraum besitzen»
Für FHG gehört eine Abgabestelle oder ein Asylzentrum genauso zur Stadt wie alles andere auch. Die Angst, aus dem eigenen Quartier verdrängt zu werden, kennen sie. Auch FHG finden sich in unsicheren Wohnsituationen wieder. Die Bedrohung ist so gross, dass Frank Punk sich bereits dabei erwischt hat, dass er sich über eine Messerstecherei oder eine liegen gelassene Spritze in seiner Strasse freut - solange sie einen schlechten Ruf hat, ist sie für Investor*innen weniger interessant.
Doch was kann man gegen die Gentrifizierung machen? Ist sie überhaupt noch aufzuhalten? Lance Trance sagt zynisch: “Die Leute merken es erst, wenn es zu spät ist, und danach können wir es höchstens noch etwas neutralisieren. Ich habe nicht genug Vertrauen in die Menschheit, um zu hoffen, dass es früh genug Leute hat, die sich dagegen einsetzen”. Frank Punk wendet ein: “Der Fokus sollte auch nicht auf der Nachfrage liegen, sondern auf dem Angebot: Wer vermietet diese Wohnungen so teuer? Es sind ganz wenige Menschen, die sehr viel Wohnraum besitzen.“
«Wenn du selber mitbestimmen und mitgestalten kannst, passiert weniger Negatives»
Und doch ist von Aufgeben keine Rede. Zusammenhalt im Quartier kann der Gentrifizierung die Stirn bieten. “Wenn die Menschen vernetzt sind, sich kennen, einander unterstützen und wenn alle wissen, warum eine Familie jetzt gehen musste, dann ist es einfacher, die Raumplanung der Investor*innen aufzuhalten”, so Frank Punk. «Im Quartier herrscht Widerstand wie imne Gallische Dorf / U zwar lang ahaltend wine klassische Chor» (Poul Soul, “Si bechöme üs nid ine”).
Genau das ist die Stärke, auf die FHG setzt: Solidarität. “Es hat sich gezeigt, dass Jugendliche sorgfältiger mit ihren Jugendräumen umgehen, wenn sie sich damit identifizieren können. Wenn sie merken, dass die Räume auch wirklich ihnen gehören, tragen sie mehr Sorge dazu”, erklärt Noa Goa. Ein relevanter Input, wenn man den Mikrokosmos eines Quartiers und einer Community genauer betrachtet. Lance Trance ergänzt “Immer, wenn du selber mitwirken und mitgestalten kannst passiert weniger Negatives, als wenn du dich ignoriert und ausgeschlossen fühlst.”
«Der Begriff Vandalismus basiert auf der Annahme, dass alles was schon da ist, unhinterfragt die Berechtigung hat, weiter zu bestehen»
Das mag auf den ersten Blick widersprüchlich wirken. Schliesslich sagt das eine Crew, die im Intro feiert, wie junge Erwachsene zu ihrer Musik eine öffentliche Bank zerstören. Doch beim genaueren Hinschauen macht diese Haltung Sinn. Schliesslich ist der öffentliche Raum oftmals so gestaltet, dass junge Menschen, marginalisierte Menschen und arme Menschen nicht daran teilhaben können.
Sowieso sei «Vandalismus» ein komisches Wort, das immer von jemandem definiert sei. Ein fieser Kampfbegriff, meint Noa Goa. Der Begriff gehe davon aus, dass Handlungen, die schön sein können, wie Farbe an einer Wand anzubringen, per se etwas kaputt machen. Dabei könne es durchaus spannend sein, etwas Bestehendes auseinanderzunehmen und neu zu gestalten.
«Es ist eine zerstörerische Welt»
Frank Punk fügt hinzu, der Begriff Vandalismus basiere auf einer Annahme: dass alles was schon da ist, unhinterfragt die Berechtigung hat, weiter zu bestehen. “Dabei leiden ja alle Leute unter irgendetwas, was schon besteht und haben Interesse daran, das zu ändern”. Lance Trance liefert historischen Hintergrund: “Bis in die 70er-Jahre war Vandalismus, dass man Sitze im Bus aufschlitzt oder etwas abfackelt. Die kreative Form des Vandalismus gibt es noch nicht so lange, vielleicht ist der Begriff für ältere Menschen deshalb etwas Böses.”
«Benzin über das Burgerbärn / es Schnippe vomne Zundholz längt / süsch isch Winter hier / i bruche öppe hundert Händ» (Noa Goa, “Für immer”). An Lines wie diesen werden die elitären Angehörigen der Burgergemeinde Bern wohl keine Freude haben. Noa Goa erklärt: “Es ist eine zerstörerische Welt und da kann Vandalismus ein Ventil sein. Es ist bezeichnend, dass Riots dort entstehen, wo sehr unterdrückte Bevölkerungsschichten oder Jugendliche, die nichts dürfen und immer unterdrückt werden, das irgendwo rauslassen müssen."
«Doch ersch wenn aui Sprayer gfiggt si / aui wo rappe still si / aui wo sich politisch betätige vollüberwacht u fichiert si / aui wo nid viu verdiene verdrängt si vor städtische Gentrifizierig / wärdet dir merke wie längwilig Bärn wird sy» (Frank Punk, “Für immer”). Es ist ein deprimierendes Bild, das Frank Punk von der durchoptimierten Stadt malt. Umso mehr freuen sich die vier darüber, dass sie auch breite Unterstützung aus den entlegensten Winkeln auf dem Land erhalten. “In der Stadt Bern gibt es einen breiten linken Konsens. Hier kann man sich problemlos mit dem Antifa-Shirt zeigen, das ist in den Dörfern ganz anders. Darum haben die Leute, die das trotzdem tun, für uns einen sehr hohen Stellenwert”, meint Noa Goa. «FHG isch überall und steit für dini Freiheit und für Sympathie» (Poul Soul, “Fischmätterlinge”).
«Viele Menschen glauben immer noch daran, dass es alle schaffen können und dass man selber Schuld ist, wenn man unten landet»
Und genau hier sehen sie den Unterschied zwischen Hood und Heimat. Zur Hood können alle gehören, die an dasselbe glauben. Es geht um Zusammenhalt, um Community. Heimat, da sind sie sich einig, sei ein negativ behafteter Begriff, der sich auf nationale Grenzen bezieht und Menschen ausschliesst. Die Vorstellung, sich ironisch «Fischermätteli Heimat Gruppe» zu nennen, sorgt zwar für einige Lacher. Frank Punk meint aber: “Das könnte man sich jetzt zur Lebensaufgabe machen, diesen Begriff zurückzuerobern. Aber da mache ich lieber anderes.“
«Boah si die empathisch / säge gheie isch für au schlimm / halb so tragisch für die einte / mitem goldige Fallschirm» (Noa Goa, “Soziale Ufstig”). Immer wieder rappt FHG davon, dass auch in der Schweiz manche Menschen etwas gleicher sind als andere. Frank Punk sagt: “Ich denke, dass viele Menschen immer noch fest daran glauben, dass es alle schaffen können und dass man selber Schuld ist, wenn man unten landet. Sogar dann, wenn es sie selber trifft und sie keine Hilfe erhalten. Und bei diesen Menschen äussert sich dann die Wut in Gewalt gegen sich selber, und das ist tragisch”.
«FHG statt Wurzel 5 isch e chline soziale Ufstig» (“Soziale Ufstig”). Doch wie steht FHG selbst zum sozialen Aufstieg? In hohen Kaderpositionen sieht sich keiner von ihnen. Und doch ist es für sie nicht unbedingt schlecht, viel Geld zu verdienen.
«In der politischen Arbeit kriegst du immer auf die Fresse»
“Privilegien teilen ist etwas Gutes. Wer mehr Geld hat, kann mehr spenden. Ich kenne Leute, die gute Jobs machen und zum Beispiel in Teamleitungspositionen ihrem Team den Rücken frei halten. Aber es gibt auch andere, denen gefällt das ETCS-Punkte-Sammeln an der Uni dann plötzlich besser als die Revolution. Es gibt Belohnungen und Zuspruch, im Kontrast zu politischer Arbeit, dort kriegst du eigentlich immer auf die Fresse. Die Leute vergessen ihre Wurzeln im Widerstand und verlieren sich im universitären Kosmos”, so Noa Goa. “Es ist ja schön, dass Kids aus reichem Elternhaus Häuser besetzen. Aber es wäre noch schöner, wenn dieselben Kids später mal die Häuser, die sie erben, öffnen. Für Menschen, die den Wohnraum brauchen.“ Es scheint weniger darauf anzukommen, was man macht, sondern eher, wie man es macht. Und darauf, dass man Schwächere nicht im Stich lässt. «Solang no eine chalt muess ha legi mi mit allem ah» (Frank Punk, “Si bechöme üs nid ine”).
Das Album nimmt kein Blatt vor den Mund. «Weisch fallsi stirbe inere Zälle wo me ihne nüt cha nachewise / wünsch i mir nur dass dir paar vo ihne nacheschicked» rappt Frank Punk auf “Für immer”. Das, obwohl die FHG-Mitglieder aus ihrem Umfeld durchaus Fälle kennen, in denen Rap zu Repression geführt hat. Auf Punchlines gegen die Polizei Hausdurchsuchungen folgten bereits. Braucht es Mut, solche Lines zu rappen? “Nein, es braucht nur Flow”, grinst Frank Punk.
«Vielleicht bestätigt die Musik einfach, was man sowieso schon in sich trägt»
«Kunstfreiheit isch tot im Rap / no es paar Songs u mir stöh säuber imne Schouprozäss» rappt Frank Punk auf “Für immer”. Was dann schlussendlich wirklich Kunst ist, entscheiden dann die Richter*innen, und diese Urteile seien schwammig und undurchsichtig, so Noa Goa. Selber hat FHG kein Problem damit, Verantwortung über ihre Texte zu übernehmen. Sie haben kein Interesse daran, etwas zu rappen, hinter dem sie nicht stehen können.
Sie trauen es ihren Fans zu, ihre Texte im richtigen Kontext einzuordnen: “Man hört ja auch nicht ständig Nazi-Musik und checkt nicht, dass das nicht ironisch ist”, meint Frank Punk. Noa Goa ist der Meinung, dass nicht einzelne Texte dazu führen, dass zum Beispiel junge Menschen eine Bank zerstören. “Vielleicht ist es eher so, dass diese jungen Menschen ähnliche Erfahrungen mitbringen wie wir. Vielleicht bestätigt die Musik einfach, was man sowieso schon in sich trägt”.
«Die, die Rap nicht verstehen, müssen jedes Wort einzeln gewichten»
Lance Trance meint: “Das ist doch genau Rap. Man nimmt es nicht wortwörtlich, aber es steht ein Geist dahinter, der einem das richtige Gefühl gibt. Und wenn man Rap verstanden hat, dann empfängt man dieses Gefühl. Und die, die Rap nicht verstehen, müssen jedes Wort einzeln gewichten und ernst nehmen”. Und genau das ist es, was an FHG so fasziniert: die Vermittlung von diesem ganz bestimmten Lebensgefühl. Das Gefühl des selbstironischen Underdogs, des Jungseins auf einem sterbenden Planeten, das Gefühl des No Future HipHop Punks.
“Ich denke schon, dass FHG einfach auch recht cool ist. Musik, die Humor mit Kreativität verbindet. Man kann vieles daraus ziehen, es ist nicht nur Blödeli-Musik, aber wir wollen keinen Zeigefinger erheben”, meint Poul Soul. «Si si huere fett / ig bi nümm huere dünn» rappt Lance Trance auf «5AM Vorplatz». Indem sich FHG regelmässig selber dissen, machen sie sich selbst fast undissbar. “Was will man überhaupt gegen uns sagen?”, lacht Poul Soul. Lance Trance hält schon die Lösung bereit: “Wir nehmen dann einfach einen Track auf, auf dem wir nur am lachen sind, es ist so egal.“ Vielleicht ist es diese Haltung, die es FHG erlaubt, auf ihren Tracks inklusive Name-Dropping zu dissen: «U när mit Ländlersongs zum Teenie-Troum / zum nätte tolle Schwiegersohn / Ändstation Manillio» (Poul Soul, “Strassä vor Hood”).
«Man kann das gut kombinieren, wenn man sich genug Mühe gibt und genug nice Flows hat»
Noa Goa erklärt: „Es gibt auch eine ungesunde Stimmung, wenn alle Rapper sich zu sehr repräsentieren wollen und sich für wichtig halten, um hart zu wirken. Aber in der Tatsache ist Rap das weichste HipHop-Element überhaupt, Rap ist sehr harmlos. Es sind eigentlich einfach Typen, die Gedichte auf Musik schreiben.” Es seien ja meistens nicht die Rapper, die tatsächlich dealen oder prügeln. Aber: “Natürlich gibt es auch hier Banlieues oder Ghettos und Leute, die aus dieser Perspektive rappen.” Frank Punk ergänzt: “Gut, aber das darf man jetzt nicht so verstehen, dass es nicht auch gut ist, dass man das soziale Spektrum aufzeigt und auf soziale Abgründe aufmerksam macht. Es ist gut, von abgefuckten Verhältnissen zu berichten. Man kann ein Sprachrohr sein, es muss nicht immer alles nur lustig sein. Aber man kann das ja gut kombinieren, wenn man sich genug Mühe gibt und genug nicen Flow hat.”
Soziale Abgründe überrollen einen beim Hören des Albums tatsächlich immer wieder. «Fründe ohni Papier / gsehni vilech bald niemeh / e Rassismus wie hie / hei sie öppe no nie gseh / sie verzelle mir drvo / mit ufgrissene Ouge / dür’d Höll imne Boot / när imne Bunker verstoube» rappt Noa Goa auf “Für immer”. Lines, die es einem kalt den Rücken runter laufen lassen. “Unsere Musik ist wie Wechselduschen, kalt, warm, kalt, warm, und wenn du aktiviert bist und raus kommst, dann BAM gibts eine Ohrfeige”, lacht Lance Trance.
«Wir haben alle unsere Jugend auf dem Vorplatz verbracht»
«Antifrost wiu da usse isch es chalt / JDP bringt dr Klassekampf zrügg id Kunst / Effy29 es Diheim für aui (Effy läbt!) / FHG isch mit euch egal was no chunnt» lautet die Hook von “Für immer”. Es versteht sich für FHG von selbst, dass auch sie sich politisch engagieren. “Aber das Politische ist nicht das Gerüst unserer Musik und alles Andere ist nicht einfach drumherum, es ist kein trojanisches Pferd. Es ist einfach eine politische Zeit. Was uns beschäftigt, ist alles politisch”, sagt Frank Punk. “Ich rappe über das, was mich beschäftigt, und oftmals beschäftigen mich politische Themen”, fügt Poul Soul hinzu. Noa Goa erzählt, dass FHG sich schon lange politisch engagiert und dass das auch Platz in ihrer Musik braucht. In die Projekten und sozialen Konflikten, die sie auf dem Album und in Interviews ansprechen, sind sie selber involviert. FHG engagieren sich im Projekt Medina, ein “mobiles Gemeinschaftszentrum” auf der Berner Schützenmatte. Dem Areal, das an den Vorplatz der Reitschule angrenzt.
«Wir finden es wichtig, dass man sich gegen faschistische Strukturen engagiert und sie erkennt, egal in welchem Mäntelchen sie daher kommen»
"Wir haben alle unsere Jugend auf dem Vorplatz verbracht. Dort werden alle Probleme der ganzen Stadt abgeladen. Nachdem wir 10 Jahre unserer Jugend dort verbracht haben, haben wir gemerkt, dass sich wirklich niemand darum kümmert. Und jetzt kümmern sich die Leute vom Medina darum, obwohl das absolut nicht ihr Job ist. Daraus ist ein Ort entstanden, an dem man sich begegnet”, sagt Frank Punk. Hood ist da, wo man sie macht. Dass sie auf ihrem Track “Für immer” das 2016 besetzte Wohnprojekt “Effy29” ansprechen, ist kein Zufall. Das Haus sei auch für sie ein Ort gewesen, um sich zuhause zu fühlen. “Effy29” braucht auch heute Unterstützung, da im Mai die Prozesse gegen die Besetzer*innen anstehen.
Auch für die sogenannten “Basel Nazifrei Prozesse” engagiert sich FHG. Es geht darum, dass die Antifaschist*innen, die sich 2018 einer Demo von Neonazis in den Weg gestellt haben, momentan vor Gericht stehen und in einem Schauprozess zu drakonischen Strafen verurteilt werden.
“Das hat alles miteinander zu tun”, meint Noa Goa. “Es ist natürlich zu kurzfristig gedacht, wenn man meint, faschistische Strukturen hören an der Berner Kantonsgrenze auf. Es gibt eine internationale Bedrohung, und wenn Aktivist*innen aus Basel von Repression überschüttet werden, weil sie sich gegen faschistische Parteien engagieren, dann geht uns das alle etwas an. Das sind Werte, die wir zum Beispiel auch in der Reitschule vertreten. Hier sind wir stark, indem wir uns solidarisieren und vernetzen.” Frank Punk fügt hinzu: “Wir haben immer Solikonzerte für politische Bewegungen gespielt, weil wir es wichtig finden, dass man sich gegen Faschismus engagiert und faschistische Strukturen erkennt. Egal in welchem Mäntelchen sie daher kommen”.
Ich erzähle, dass ich den Track «Glaseret & lang verjährt» gehört habe, während dem ich demütig die Tags an meiner eigenen Zimmerwand weiss übermalt habe. Die Jungs von FHG lachen, scheinbar dürfen wir uns hier auf ein gutes Video freuen. Der Track, der auf «Tättowiert & Vorbestraft» und «Tättowierter & Vorbestrafter» folgt, zeigt, wie es eben oft gehen kann. Auf eine rebellische Jugend folgt das Leben als angepasste Erwachsene, deren Highlight des Tages die Sichtung eines Molchs ist. Wie Theo Vanzetti und Paula Rodrigues von sozialismus.ch treffend festhalten: “Jene, die sich mit 35 von allem, was sie früher angestellt haben, distanzieren, haben es wohl auch schon mit 20 Jahren nicht wirklich ernst gemeint”.
Wie man genau diesen Lebensverlauf verhindert, darauf liefert «Dr Bus isch da» mehr als genug Antworten. Es ist so banal wie rebellisch, dass Solidarität und Widerstand die stärkste Antwort auf den alles verschlingenden Kapitalismus und dessen Repression sind. Das Album tut gut, weil es Gefühle zulässt. Wut, Ohnmacht, Lachen über absurde gesellschaftliche Phänomene und über sich selbst. Zusammen wütend sein kann befreiend sein und Energie freisetzen. Und doch ist das Album alles andere als negativ. Es regt an, der Vereinzelung entgegenzuwirken und zusammenzuhalten.
«Rap verdirbt üsi Ching / ja genau, bisch du dumm? / Ds Kapital nimmt üsi Ching u / frisst sä eifach uf» (Noa Goa, “Für immer”). «Dr Bus isch da» ist Rap für die Kids, für die Hood, für alle, die Bestehendes auseinandernehmen und neu zusammensetzen wollen.
Hier findest du mehr Informationen über das Projekt Medina auf der Berner Schützenmatte. Das Projekt bietet gratis Essen, Freizeitaktivitäten, Workshops und vieles mehr an. Lass dich inspirieren.
Hier findest du eine chronische Einordnung der Geschehnisse rund um das besetzte Wohnprojekt Effy29. Das Projekt zeigt eindrücklich, warum Freiräume wichtig sind. Es öffnet neue Perspektiven auf unser Verständnis, was wohnen und zusammen leben heissen kann. Und es beweist, wie viel wir mit Solidarität erreichen können.
Hier findest du alle Informationen zu den aktuellen Basel Nazifrei Prozessen. Ausserdem kannst du die Antifaschist*innen unterstützen und so mehr Menschen dazu ermutigen, Zivilcourage zu beweisen und sich Faschos in den Weg zu stellen. Kein Fussbreit dem Faschismus.