Jetzt mal im Ernst: Das zwar rhythmische, aber penetrant roboterähnliche «in-den-Boden-stampfen» konkurriert doch in keiner Weise mit dem «Tanz in sexuell provozierender Weise mit stossenden Hüftbewegungen und einer tiefen, hockenden Haltung», oder wie es im HipHop-Jargon auch genannt wird: Dem «Twerken». Das ekstatische «Stampfen» und das hypnotisierte «Nebeneinander-her-wippen» zur melodiebefreiten Musik, bringt uns schlussendlich – ausser kaputten Schuhen – ganz klar keinen Mehrwert.
Ob Oldschool, Mumble oder Trap – vielfältiger könnte ein Genre nicht sein. Die junge Generation verleiht HipHop beispielsweise mit Mumble ein neues, modernes Gesicht, erfindet ihn neu. Selbsterklärend, dass also bei so mancher HipHop-Party mit viel Abwechslung zu rechnen ist. Hält man sich im Gegensatz das Techno-Soundbild vor Augen, dominiert zu grossen Teilen ein immerwährender, dahinhämmernder, nervtötender Bass. Konsequent zieht sich dieser dann jeweils um die zehn bis fünfzehn Minuten in die Länge, bis der Track dann kaum bemerkbar seinen Rhythmus ändert. Im Vordergrund der Technoszene steht ja hauptsächlich die weitgehend textfreie Musik, die aufgrund ihrer rhythmisch-monotonen Struktur und ihrem sphärischen Klang ziemlich an alte Stammesrituale erinnert. So mancher, anfänglich vielversprechender Abend verlor sich deswegen bereits ins Endlose.HipHop glänzt hingegen altbekannt mit Lyrik, Melodie und Emotionen. Man kann sich darauf verlassen, dass spätestens nach vier Minuten ein neuer Track eingespielt wird, begleitet von einem neuen Gefühl, gesteigert durch mehrere Höhepunkte. Nicht selten schnellen bei Oldschool-Musik also die Feuerzeuge in die Luft, wird in Erinnerungen geschwelgt, wobei dann bei Travis Scott plötzlich der Dancefloor gestürmt wird.
Die Drogenverherrlichung ist natürlich generell ein ernst zu nehmendes Thema. Wobei sie sich in der HipHop-Szene meistens auf den Konsum von Cannabis beschränkt, äussert sich die Drogenvielfalt bei den Ravern gleich viel übler: Von MDMA über LSD zu Kokain, so ziemlich alle Pülverchen und Pillen machen in den gängigen Technolokalen die Runde. Am Extremsten jedoch sei der Drogenkonsum am grössten Technofestival der Welt: Der Streetparade. Die im Abwasser gemessenen Rückstände von Ecstasy und Kokain seien während des Anlasses jeweils deutlich höher als an einem normalen Wochenende in Zürich. Beweis genug, dass der Zugang zu Technomusik wohl oft nur durch Drogen als Mittel zum Zweck gelingt; eine verschwommene Wahrnehmung der Wirklichkeit wird geschaffen. Nicht selten wird bei der Ankunft im Club zuerst etwas eingeworfen, um die Musik überhaupt «fühlen» zu können. In HipHop-Lokalen werden Drogen zwar ebenfalls konsumiert – von Cannabis bis hin zu Codein – nur ist die Musik offensichtlich auch ohne Betäubung geniessbar.
Zu guter Letzt: Die Sache mit dem Style. Nichts gegen die «New-World-Hipster-Bewegung», aber sind diese «Turnsäckli» nicht langsam vorbei? Ganz zu schweigen von den schwarzen, hautengen Slim-Fit-Jeans der Jungs. Und geht bauchfrei jetzt auch bei Männern? Natürlich, denn Raver sind open-minded. Die Spielregeln scheinen einfach zu sein: Bereitest du dich für eine Technoparty vor, suche deine ältesten, abgelatschten Allstars hervor, zerreisse deine Kleidung, du darfst sie auch ein wenig mit Asche einreiben, wirkt sogar authentischer. Und als Krönung darfst du dir farbigen Glitzerstaub ins Gesicht streuen – selbst, wenn gerade keine Streetparade stattfindet. Möchtest du aber eine HipHop-Party besuchen, flechte dein Haar like Kylie Jenner, Sonnenbrille à la Aaliyah – und für die männlichen Clubbesucher gilt: Alles, nur kein Bauchfrei. Und statt dem Turnsäckli umzuhängen, greife zur Bauchtasche. Denn vor allem bei Festivals gilt: Sehen und gesehen werden.