Die ersten beiden Tracks strotzen vor Selbstbewusstsein - alle Zweifel wurden über Bord geworfen. Nichts steht mehr im Weg. Gleichzeitig kommt das so unverkrampft daher, wie nur möglich. Es geht um unverhofftes Glück, mit dem Flow zu gehen und sich finden zu lassen. Dazu trägt nicht zuletzt die Produktion bei, die für eine sommerlich-entspannte Grundstimmung sorgt, aber nie ins Belanglose abzudriften droht. Dass Nativ die Schlagkraft nicht abhanden gekommen ist, macht auch der Text deutlich: Die Faust bleibt in der Luft, der Kampf geht weiter. Und trotzdem ist jetzt vielleicht gerade die richtige Zeit, um durchzuatmen - und letztlich zu neuer Stärke zu finden.
«L’eaurie’s Vibe» ist gewissermassen das Herzstück von «mir geits würklech guet, i gseh nur so us», wobei Nativ bewusst eher eine Nebenrolle einnimmt. Sängerin L’eaurie kann hier glänzen - ungekünstelt, frei von Perfektionismus und gerade dadurch perfekt. Das Video von Tim Dürig geht noch einen Schritt weiter und zelebriert female empowerment so, wie es sich für 2020 gehört. Spätestens hier wird auch klar, dass das Cover der EP vor allem eine ironische Pose ist. Das letzte Drittel beginnt etwas tanzbarer mit Pablo Nouvelle im Gepäck, wobei sich auch das bestens ins Gesamtbild einfügt. «Geschter Nacht hani grännet, i gloub i wird e maa» - Schwäche zeigen gegen die Angst ist hier das Motto. Die EP schliesst mit «Perpetual», einem wunderschönen Liebeslied, das zeigt, wie Selbstliebe und Gegenseitigkeit zusammenhängen und ohne rosa Brille daherkommt.
Nativ bewegt sich leichtfüssig auf dem Feld der Liebe und des Kampfes: «Meh Kontrolle isch nid gliich meh Sicherheit». Fazit: Verletzlichkeit zulassen und Liebe zeigen - das sind die Mittel, um gegen alles Schlechte in der Welt anzukommen. Nativ hat es verstanden. Jetzt kommst du.