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«Wart nur!»

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Yosina Koster
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«Warum syt dir so truurig?», wird Soukey oft gefragt. Und das nervt sie. Vor uns steht eine junge Rapperin, die es sich nicht nehmen lässt, ihren Schmerz zu teilen. Zwischen Queer-Emo-Rap und feministischen Weltverbesserungsvisionen steht Soukey, die sich nicht in eine Schublade stecken lässt.
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Die 17-jährige Bernerin schrieb ihren ersten Song schon als Kind. Der Text handelte vom Frust darüber, dass sie nur selten in die Ferien fahren konnte. Die Musik begleitet Soukey, seit sie denken kann. Ihr Vater ist Musiker, spielt in einer Band und arbeitet international mit verschiedenen Künstlern. Soukey selbst lässt sich von ihren Gefühlen inspirieren. Deshalb hat es ihr auch nie genügt, nur Covers zu performen. «Die Musik fängt da an, wo das Reden aufhört. Was ich sonst nicht ausdrücken kann, drücke ich durch Musik aus.»

«Ich dachte mir, «wart nur’.»

Die Perfektionistin, die Label-Angebote ablehnt

Die junge Bernerin arbeitet seit Jahren an ihren Tracks. Veröffentlicht hat sie unter anderem die Singles «Shawty», «Fakelove» und «lärii» auf YouTube. Aufmerksamkeit erregt sie allerdings Anfang 2019 mit dem von éeon produzierten Track «Peace Out».
«Peace Out ist für meine Verhältnisse explodiert. Mit dieser Erwartung habe ich nie gearbeitet», sagt Soukey selbst. Tatsächlich ist ihre künstlerische Arbeit geprägt von Perfektionismus. Auf die Frage, was für Projekte sie am Laufen habe, zückt sie ihr Telefon. Sie zeigt Unmengen an teils Jahre alten Dateien. Zufrieden ist sie nie ganz, vergisst Projekte und nimmt sie dann wieder auf. In ihrem Zimmer bringt sie sich selber das Abmischen bei, kauft Beats ein, da ihr die in ihrem Umfeld zu «mager» sind und produziert Videos mit Hilfe einer Freundin.

«Wieso sollte ich über Drogen rappen, die ich nicht nehme?»

Sie versucht, ihren Kreis klein zu halten. Wenn sie den Eindruck hat, man erwarte im Studio von ihr, dass sie einfach über vorgefertigte Beats rappt, fühlt sie sich unwohl und spürt keine Harmonie. Sie möchte in den Prozess einbezogen werden und wissen, wie die Musik funktioniert. Deshalb hat sie auch das Angebot eines Labels abgelehnt. Sie möchte «eigen» sein, am Boden bleiben.

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Wer hat ihr so weh getan?

Sowieso möchte Soukey in ihrer Musik nur von Themen erzählen, von denen sie selbst betroffen ist. «Wieso sollte ich über Drogen rappen, die ich nicht nehme? Ich möchte das sagen, was mich beschäftigt und betrifft. Natürlich habe ich auch schon Projekte nur aus Spass gemacht. Es ist aber wichtig, dass ich das aufgreife, was mir nahe liegt, um am Boden zu bleiben.»

«Ich dachte damals, ein Feature mit S.O.S. wäre grossartig. Aber dann habe ich bei ihren Texten genauer hingehört und gemerkt, dass sie Dinge sagen, mit denen ich mich nicht identifizieren kann.»

Genau diese Energie hat sie in ihren Track «Peace Out» fliessen lassen. Davon waren nicht alle begeistert. Es folgte eine intensive Diskussion mit ihrem Producer. Dieser wünschte sich mehr Projekte in Richtung Radio-Hits, oberflächlichere Texte und weniger Negativität. Soukey meint dazu: «Wenn ich diese kommerzielle Schiene fahren würde, würde ich mich selbst wieder verlieren. Die Leute sagen mir, ich gäbe zu viel von mir Preis. Sie fragen, wer mir so weh getan habe, dass ich so rappen muss. Man, die Welt hat mir so weh getan!»

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Soukey sieht es als Stärke, Schwäche zulassen und zeigen zu können. Das spürt man auch in ihrer Musik. Auf die Frage, welche Zielgruppe sie mit ihrer Musik ansprechen möchte, entgegnet sie: «Menschen, die offen sind. Menschen, bei denen auch nicht immer alles gut ist, bei denen man nichts überspielen muss und man mit sich selber ehrlich sein kann. Auch meine Mutter hört meine Musik.»

«Sie fragen, wer mir so weh getan habe, dass ich so rappen muss. Man, die Welt hat mir so weh getan!»

Lukie Wynigers Zerriss nach dem Cypher 2019

Über ihre Erfahrungen am Bounce Cypher 2019 sagt sie: «Pablo hat mich eingeladen, und das fand ich sehr nett. Am Cypher selber war alles gut, es wirkte aber sehr aufgesetzt. Das Ego stand bei vielen im Vordergrund.» Generell habe sie den Cypher aber sehr positiv wahrgenommen.

Was danach kam, hatte sie so aber nicht erwartet. An der Nachbesprechung zerriss der Moderator Lukie Wyniger ihren Part in der Luft. Ab seiner Reaktion sei Soukey «fasch düregheit». Sie sei mit 16 Jahren ohne grosse Erfahrung angetreten, das sei mutig. Ihren Part so hart ins Gericht zu nehmen sei nicht nötig gewesen. Auf die Frage, was die Kritik bei ihr ausgelöst hat, meint Soukey ganz ruhig «Ich dachte mir, ‚wart nur’.» Sollte sie wieder zum Cypher eingeladen werden, sei sie bereit, abzuliefern. Und auf Lukie werde sie dann noch einmal zurückkommen.

Lieber Lo & Leduc als S.O.S.

Während der grossen S.O.S.-Wave dachte Soukey, dass ein Feature mit ihnen ein Sprungbrett in die Musikbranche sein könnte. Doch bevor ein Angebot im Raum stand, hatte sie es sich anders überlegt. «Ich dachte damals, ein Feature mit S.O.S. wäre grossartig. Aber dann habe ich bei ihren Texten genauer hingehört und gemerkt, dass sie Dinge sagen, mit denen ich mich nicht identifizieren kann. Also habe ich beschlossen, alles alleine zu machen.» Soukey kann sich nicht vorstellen, längerfristig Kollabos einzugehen. Sie sieht sich als Solokünstlerin irgendwo zwischen Gesang und Rap.

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Es gibt jedoch ein Feature, dass sie sich wünscht, seit sie mit der Musik angefangen hat: Lo & Leduc. Soukey schwärmt von Leducs kräftiger Stimme und den sonnigen Beats des Producers Dr. Mo. «Lo & Leduc schaffen es, ernste Themen ‚härzig & bluemig’ zu verpacken. Das fände ich ein spannendes Experiment.» Und was ist Soukeys Ziel in der Musik? «Mein Ziel ist es nicht, voll steil zu gehen. Ich möchte das nicht erzwingen. Es wäre schön, aber es sollte von alleine kommen. Ich möchte nicht abheben.»

«Ich werde oft für Konzerte vermittelt. Das finde ich sehr cool. Doch dabei höre ich oftmals den Spruch «so eine kleine Herzige laden wir doch gerne ein’.»
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Die kleine herzige Quotenfrau

Gerade bei einer so jungen Künstlerin wie Soukey wäre es absurd, die Identitätsfindung abzuwürgen um sie einer bestimmten Schublade zuzuordnen. Selber geht sie sehr entspannt mit der Thematik um. Es scheint, als ziehe sie sich verschiedenste Rollen über, um auszuprobieren, wie sie sich anfühlen. So nervt es sie zum Beispiel, wenn sie an einem Konzert das Gefühl hat, eine «Quotenfrau» zu sein, da sie sich mit Feminismus auseinandersetzt und die strukturellen Probleme kennt, die zu diesem Phänomen führen.

«Ich stehe voll und ganz dahinter.»

Gleichzeitig lässt sie sich genau davon nicht abschrecken, sondern macht das, was ihr hilft, ihre Musik zu leben. «Ich werde oft für Konzerte vermittelt. Das finde ich sehr cool, ich höre dann, ‚so eine kleine Herzige laden wir doch gerne ein’. Das ist mir dann egal, solange ich auf die Bühne gehen, hässig mein Ding machen und meine Gefühle rausschreien kann.»

Folgt Soukey der Berner Polit-Rap Tradition?

In ihrem Cypher-Part sind erste politische Ansätze zu erkennen. Privat saugt Soukey Informationen über die AfD, über den IS, über Feminismus auf. Ausserdem plant sie ein Video-Projekt, das das Thema Sexualität aufgreift.
Trotzdem fühlt sie sich noch nicht genug sicher, um ihre Einstellungen offen auszudrücken. «Wenn ich etwas schreibe, muss es richtig sein. Wenn ich etwas schreibe, möchte ich mich auskennen und mit Fakten dahinter stehen können.» Ob sich Soukey irgendwann in der schon fast typisch linken Berner Polit-Rap-Ecke platziert, wird sich zeigen. Auch das wird Teil des Prozesses sein, der mit ihrer Jugend einhergeht.

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Fremderklärte Queer-Emo-Rapperin

Allerdings bewahrt das Soukey nicht davor, jetzt schon mit Etikettierungen belegt zu werden. «In einem LYRICS-Beitrag mit Tamara Funiciello bezeichnete mich diese als ‚Queer-Emo-Rapperin’, ohne dass ich selber jemals eines dieser Schlagwörter verwendet hätte. Aber vielleicht strahle ich das einfach aus. Und wenn ich das ausstrahle dann finde ich es cool, dass ich so wahrgenommen werde. Denn ich stehe voll und ganz dahinter.» Wieder zeigt sich Soukey ganz entspannt wenn es darum geht, in verschiedene Rollen zu schlüpfen – und das, obwohl Soukey mit ihrer Sexualität auch in ihrem nahen Umfeld noch nicht ganz offen umgehen kann.

«Wenn mich jemand als Quotenfrau sieht, dann bin ich halt eine.»

Diese Offenheit und die konsequente Weigerung, sich schubladisieren zu lassen, kommen aber auch nicht von ungefähr. Mit ihrem Hintergrund ist Soukey in sich bereits ein politisches Thema, ob sie es will oder nicht. Darauf angesprochen meint sie: «Als braune, queere Frau habe ich viele Aspekte abgedeckt. Aber ich lasse mich davon nicht beeinflussen. Wenn mich jemand als Quotenfrau sieht, dann bin ich halt eine. Aber dann bin ich eine coole Quotenfrau, die ihre Sache gut macht.» Amen.

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