Olympique Marseille, der einzige Verein des Landes, der die Champions League gewonnen hat, ist seit Jahrzehnten einer der beliebtesten Sportmannschaften in Frankreich. Andererseits zählt Marseille nebst Paris zum Dreh- und Angelpunkt für französischen Rap: Begonnen mit Acts wie IAM und Fonky Family in den 1990er Jahren, sind es Namen wie Psy 4 de la Rime, Soprano, Alonzo sowie die aktuellste Generation rund um Jul, Naps, YL, SCH und Soso Maness, deren ersten Karrierejahre in der zweitgrössten Stadt Frankreichs ihren Lauf nahmen.
Ursprung für die Zusammenarbeit von BMG und des Vereins war eine Charity-Single zu Beginn der Pandemie. Ein von Olympique Marseille zusammengetrommeltes Kollektiv aus Künstler*innen und MCs mit dem Namen OM La Compo veröffentlichte mit Unterstützung des Musikunternehmens die Single "cOMbat quotidien", deren Erlös an Krankenhäuser von Marseille und die Bedürftigsten der Region gespendet wurde. Mit der neu unterzeichneten Partnerschaft soll OM Records zu Marseilles einzigem und grössten Major-Label avancieren, so BMG.
Die Verbindung der Fussball- und HipHop-Kultur liegt nahe und wurde immer wieder zelebriert – ganz besonders in Marseille. Mitte August formierten sich ihre Künstler*innen der Stunde rund um Jul zur Bande organisée und veröffentlichten einen Possetrack sondergleichen. Mit 36 Millionen Plays auf Spotify und über 80 Millionen Views bei YouTube gehört die Single schon jetzt zu den größten französischen Songs des Jahres. Die Rapper performen dabei im Stade Vélodrome, der Heimat von Olympique Marseille, und tragen dessen klassisches Hellblau, das im Vereins- und Stadtwappen zu finden ist. Es ist offensichtlich, dass ein solcher Erfolg die Gründung von OM Records massgeblich beeinflusst hat.
Olympique Marseilles Präsident Jacques-Henri Eyraud sieht in der Gründung die Möglichkeit, das künstlerische Potenzial der Bevölkerung freizusetzen: «Die Gründung von OM Records stärkt die Verbindung zwischen OM und den lokalen Künstler*innen und symbolisiert den Wunsch des Clubs, die einzigartige Energie, die von Marseille und seinen Leuten ausgeht, in der ganzen Welt voranzubringen.» Nebst den markwirtschaftlichen Aussichten, die hinter einem solchen Move stehen, kann die Labelgründung des Fussballvereins als Bekenntnis für die Mentalität und Ästhetik des einflussreichsten Genres von heute gewertet werden.
Verbindungen zwischen der populärsten Sportart in Europa und dem meistgestreamten Genre gab es schon unzählige – jüngst zeigte sich in den Gratulationsgrüssen von Neymar an Capital Bra zu seinem neuen Album einmal mehr, wie sich erfolgreiche Protagonisten beider Welten aufeinander beziehen und sich wohlgesinnt sind. Ein Club mit eigenem HipHop-Label ist jedoch eine Neuheit. Dass andere europäische Vereine den Erfolg des Labels aus sicherem Abstand beobachten und womöglich vergleichbare Moves planen, ist denkbar.
Über Fussballer, die sich in die Rap-Welt wagten, berichteten wir hier:
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