«Poésie Nocturne» entführt in einzigartige Klangwelten
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June
2022

RnB-Album von Z The Freshman & Hotel Samar

«Poésie Nocturne» entführt in einzigartige Klangwelten

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2022

RnB-Album von Z The Freshman & Hotel Samar

«Poésie Nocturne» entführt in einzigartige Klangwelten

Luca Mosberger
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«Poésie Nocturne» entführt in einzigartige Klangwelten
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Das gemeinsame Album von Berner Rapper und neuerdings RnB-Sänger Z The Freshman und dem Musikkollektiv Hotel Samar lässt Genres verschmelzen und bringt einen Sound, den es in der Schweiz bisher so nicht zu Hören gab.

Poésie Nocturne, nächtliche Poesie: Dies beschreibt die vielseitigen Inhalte dieses Experimentalalbums wohl am besten. Am ehesten kategorisierbar in der Sparte RnB bedient sich das Projekt darüber hinaus aber an einer breiten Palette an Stimmungen: Von melancholischen Klaviermelodien über tanzbare Afrohouse-Beats bishin zu psychedelischen Synth-Klängen. Auch die Themen der Songs sind vielseitig, aber alle durch das Setting der Nacht verbunden.  

Das emotional geladene und reichhaltige Werk klingt wie nichts zuvor aus Z The Freshman’s Diskografie: Das in enger Zusammenarbeit mit Hotel Samar entstandene Album hat mit seinen bisherigen Projekten «Molimo» und «Off Guard» musikalisch kaum Gemeinsamkeiten. Besonders deshalb überrascht Z The Freshman’s Gesang auf «Poésie Nocturne», der eine neue Facette seines künstlerischen Talents offenbart. Hotel Samar - das sind Internet Money-Producer niketaz, Sängerin Anina Shona und Musiker und Produzent Lorenz Steiner, die für dieses Projekt erstmals als Kollektiv unterwegs sind. Gerade die Zusammenarbeit mit dieser experimentierfreudigen Konstellation machte das Endprodukt wohl so reich an kreativen Ideen und zu einer der bisher einzigartigsten Hörerlebnisse aus der Schweizer Urban Music-Szene dieses Jahr. Die Welt von «Poésie Nocturne» beeindruckt aber auch visuell: Alle drei Single-Auskopplungen erschienen an der Seite eines qualitativ hochwertigen Musikvideos, umgesetzt von Films for Reel, die die Stimmungen der Songs hervorragend auf den Screen übersetzen konnten. Das Independent-Projekt konnte mittels Crowdfunding realisiert werden.

Die melancholische zweite Single «Zu Lut» fungiert für das Album als atmosphärisches Intro. «D Nacht isch zu lut, i ghöre nid, we du rüefsch» singt Z The Freshman am Höhepunkt des intensiven musikalischen Buildup’s, während er im Video erschossen und in Slow Motion von dunklen Wassermassen verschluckt wird. Darauf folgt das nächste Poesie-Stück aus der Welt der Nacht: Auf dem intensiven Duett «Dr letscht Bus» singen der Rapper und Anina Shona über zwei junge Menschen, die in der Nacht ein Gefühl der inneren Leere mit körperlicher Nähe zu tilgen versuchen und sich entscheiden, den letzten Bus zu nehmen und sich gegenseitig diese Wärme zu schenken.

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Um das Bedürfnis nach körperlicher Nähe und Beziehungschaos drehen sich auch die darauffolgenden Songs «Izzy’s Interlude», «Generation mau Luege» und «Head amne Samsti». Gastauftritte von TASHAN und Soukey ergänzen die Songs mit verträumten Vocals. Für ein wenig Abwechslung und Tanzfieber sorgt «Downtown», an dessen Produktion auch S.O.S.-Producer Questbeatz seine Finger im Spiel hatte. Im Gegensatz zur Single-Version nimmt der Afrohouse-Track aber ein eher düsteres Ende: Auf der zweiten Songhälfte «Asphalt» wandert Anina Shona nach einer stimmigen Beat-Transition bei Nacht durch dunkle, triste Strassen. Die begleitende Synth-Melodie erschafft eine traurige, fast hoffnungslose Stimmung. Obwohl sich die beiden Songhälften völlig verschieden anhören, wirken die sie wie ihre logischen Gegenstücke, wie Bruder und Schwester.

Mit «Asphalt» wird die zweite, von düsterer Melancholie überschattete Albumhälfte eingeleitet. Mit dem Eindunkeln der Nacht kommen mehr Sorgen, mehr Beziehungschaos und mehr Einsamkeit. Auf dem letzten Song, der passenderweise «Ostring Endstation» heisst, nehmen die beiden Künstler:innen Abschied von ihrer Jugendzeit. Mit trauriger Nostalgie blickt Z The Freshman im ersten Verse auf seine Jugend zurück. Das jugendliche Gefühl der Unsterblichkeit, die aufgebauten Festungen und auch die grosse Liebe fiel der beständig fortschreitenden Zeit zum Opfer. «Weisch no, mir hei gmeint, dass es immer so bliibt» singt er in der Hook. Auch Anina trauert in ihrem Vers den vergangenen Jahren und einer verflossenen Beziehung nach. Mit dem darauffolgenden Kinderchor fahren Z The Freshman und Hotel Samar nochmals alle Geschütze auf und lassen den Song darauf mit aushallenden, himmlischen Gesangs-Vocals von Anina Shona enden.

«Poésie Nocturne» mag nicht für jede:n sein, aber garantiert ein einzigartiges Hörerlebnis, in welches man als Fan von Urban Music auf Mundart unbedingt mal reingehört haben sollte. Dass heutzutage noch Alben mit einer solchen Herangehensweise und derart hohen Ambitionen entstehen, ist leider eine Seltenheit geworden. Unsere Musikszene braucht mehr «Poésie Nocturne». Einen zweijährigen Albumprozess für ein Experimentalalbum aufzuwenden, welches kommerziell wohl kaum an den Wolken kratzen wird, ist schon in sich eine beeindruckende Leistung. Das vielschichtige Resultat, auf dem Z The Freshman und Hotel Samar in die Welt der Nacht entführen, ist musikalisch etwas vom Spannendsten des bisherigen Jahres.

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