Der Hype um Xen hält seit dem grandiosen Sampler an: Dass ein derart rougher, harter Rapper mit Street-Attitude und Club-Hits in der bünzligen Schweiz in der obersten Liga mitspielt, ist ein Wendepunkt. Kein Wunder also, wartete das Land seitdem fiebrig auf sein Major-Debütalbum.
Nun ist es soweit: «Lieblingsrapper» ist da. Erfüllt die Platte die hohen Erwartungen tausender Fans? Das Album beginnt mit einem Paukenschlag: «Meh welle» ist ein Meisterwerk und der beste Song auf dem Langspieler. Wie Xen aufzeigt, wie seine Familiengeschichte seine heutigen Wertvorstellungen prägt und ihn als Überflieger am Boden bleiben lässt, ist grosses Kino.
Was danach folgt, ist ein Auf und Ab der Gefühle: «Lieblingsrapper» zeigt eindrücklich, dass Xen einer der besten und vielseitigsten MCs des Landes ist, das erhoffte Meisterwerk ist das Album jedoch nicht. Da wären zum einen die Features: «Gheie guet» mit Stereo Luchs ist ein verraucht-atmosphärisches Highlight, «Nur für dis Ohr» mit L Loko und Drini ein asozial guter Banger. Weniger zu überzeugen vermögen «Wach uf», der etwas planlose zweite Song mit dem Zürcher Rap-Duo, und die uninspirierte Video-Single «Zero» mit Chekaa. «Nöd wie ich» mit Sido wäre ohne den langatmigen und lieblosen Part des Deutschrap-Stars nicht nur ein guter, sondern ein sehr guter Song. Schade. Lieber hätte man stattdessen seinen Wegbereiter EAZ auf «Lieblingsrapper» gehört. Einen neuen Traumpartner hat der Dietiker noch nicht gefunden.
Auf den Solo-Songs zeigt sich, dass der hungrige und wütende Xen schlicht und einfach der bessere Künstler ist als der Highlife-Playboy-Xen. «Ruhm» und «Wasser & Brot» zeigen, wie gut der Dietiker seine Wut in düstere Songs verpacken kann: trotz Erfolg pflegt er das Image des knallharten Einzelgängers, der lieber mit seinem Team cornert als an oberflächlichen Cüpli-Events teilzunehmen. Sein Weg nach oben ist keine Liftfahrt, sondern ein Marsch durch die Wüste. Er beisst sich durch, um alle Zweifler und Widersacher alt aussehen zu lassen. Auf «Nomal läbe» mischen sich Licht und Dunkelheit: Xen reflektiert seinen Weg nach oben und schreibt einen schönen Kopf-Hoch-Song. Weniger düster, aber umso catchier ist der heimliche Hit der Platte, «Layla». Der poppige Song über eine Frau, die nur hinter Xens Fame her ist, könnte der Nachfolger des Überhits «Alé» werden.
Ganz generell staunt man als Hörer immer wieder über sein Rap-Talent: die Flow-Varianten scheinen unendlich, vor allem die Halftime-Passagen geben dem Repertoire des Edelspitters noch neue, spannende Nuancen hinzu. So bleiben nach Track 14 ein lachendes und ein weinendes Auge. Xen zementiert seine Ambitionen, in dieser Szene eine Führungsrolle zu übernehmen, scheitert bisweilen aber an schwachen Features und einigen mittelmässigen Tracks. Heavy is the head that wears the crown.
4/6 Flammen 🔥
Text: Luca Thoma
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