So viel verdienen Schweizer Rapper
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April
2020

Kassensturz im CH-Rap

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Kassensturz im CH-Rap

So viel verdienen Schweizer Rapper

Moritz Wey
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So viel verdienen Schweizer Rapper
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Wenige Schweizer Acts prahlen in ihrer Musik damit, viel Geld zu kassieren. Verständlich, schliesslich bleibt der Schweizer Markt überschaubar und nur schon die Produktion von Musik ist eine kostspielige Angelegenheit. Doch wie viel Geld fliesst letztlich in die Taschen der Künstler*innen? Wir haben recherchiert und mit Richtwerten die Finanzlage in drei verschiedenen Erfolgsklassen eingeschätzt.

Um ansatzweise eine Vorstellung der Buchhaltung eines Rappers zu erhalten, gilt es zunächst, die verschiedenen Einkommensposten zu erläutern. Den Löwenanteil des Musikereinkommens machen bekanntlich die Auftritte aus. Musiker*innen erhalten Gagen durch das Booking für Konzerte und Openairs. Dazu kommen Einnahmen vom Tonträgerverkauf bzw. Streaming, Merchandise-Verkäufe, Tantieme wie Urheberrechtsentschädigungen durch die SUISA oder die Monetarisierung auf YouTube. Im besten Fall kommen noch Sponsoring- und Werbeeinkünfte obendrauf. Nicht zu vergessen sind auch die kantonalen Kulturförderbeiträge, auf die viele Acts angewiesen sind.

Kein YouTube-Cash für CH-Rapper

Der genaue Verdienst durch YouTube ist nur schwer einschätzbar, weil die Video-Plattform erst nach einer Prüfung mithilfe eigener Kriterien bestimmt, ob und inwiefern Werbung auf das Musikvideo geschaltet wird. Teil dieser Richtlinien sind Regelungen zu werbefreundlichen Inhalten – sprich nichts Anstössiges. Gesetzt den Fall, ein/e CH-Rapper*in genügt mit geprüftem FSK12-Rap den Kriterien, sind es gemäss inoffiziellen Angaben etwa ein bis zwei Franken pro 1000 Aufrufe, die an den Kanal-Eigentümer gehen. Aber auch nur, wenn der Kanal mindestens 1000 Abonnenten und 4000 Stunden Videomaterial vorweisen kann – das gehört seit 2018 zu den Mindestanforderungen für die YouTube-Partnerschaft. Das grosse YouTube-Geld dürfte also den allermeisten Rap-Künstler*innen aus der Schweiz verwehrt bleiben.

Vergütung durch die SUISA?

Ist ein Act bei der SUISA, der Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik, angemeldet, verdient er Geld, sobald seine Musik öffentlich gespielt wird. Will heissen, dass je nach Veranstaltung und Plattform die Betreiber einen kleinen Prozentsatz ihrer Einnahmen der SUISA abdrücken müssen. Die SUISA wiederum zahlt davon 88 % an die Komponisten, also die Urheber der Musik, aus. Urheber sind in der Regel alle, die an dem jeweiligen Song mitgearbeitet haben – also Rapper und Produzent(en). Schweizer Musikproduzent*innen wie Freedo (Cro - «Traum») oder OZ sind hier im Vorteil, weil sie Rechtsanteile an Songs besitzen, die in Ländern, wie Deutschland oder den USA, mit einem wesentlich grösseren Markt gespielt werden. Es lässt sich also festhalten: Ob Streaming, YouTube-Partnerschaft oder SUISA – kleinere Acts erzielen keine nennenswerte Einkünfte.

Indie oder Major?

Schliesslich ist die Finanzlage eines Acts auch stark von der Label-Situation abhängig. Der oder die Independent-Künstler*in erhält in der Regel einen spezifischen Anteil entsprechend dem Verkauf der Musik bzw. Dienstleistung, während Künstler*innen mit Major-Deal einen saftigen Vorschuss erhalten, ihre Einnahmen ab diesem Zeitpunkt jedoch in die Label-Tasche fliessen, bis der Vorschuss wieder wett gemacht ist.

Vor Output kommt Input

Natürlich geht die Rechnung nur auf, wenn nebst den Einnahmen auch die Ausgaben einbezogen werden. Dazu zählen beispielsweise Produktions- und Aufnahmekosten, Studiomiete, Kosten fürs Mischen, Mastering, Grafik und Video, Vertrieb und Promotion. Eine Menge an Kosten, die in der Regel grösser werden, je professioneller und qualitativer Musikprodukte kreiert werden.

[1] Level 1 Acts

Diese Künstler*innen haben an lokalen Events für Aufsehen gesorgt und erste Gratis-Projekte mit guter Resonanz veröffentlicht. Innerhalb der Szene gelten sie meistens entweder als vielversprechende oder ewige Newcomer.

Booking

Sie sind noch wenig bekannt und spielen ihre Konzerte vor allem lokal oder regional. Um Erfahrungen zu sammeln und neue Fans zu gewinnen, nehmen sie auch Möglichkeiten ohne grosse finanzielle Aussichten wahr. Für Auftritte kassieren sie Gagen in der Höhe von maximal CHF 500.-.

Streaming, Verkauf und Sonstiges

Ihre Klicks auf Streamingdiensten und YouTube bewegen sich in der Regel etwa im vier- bis fünfstelligen, manchmal sogar im tiefen sechsstelligen Bereich. Vielleicht erzielen sie kleine Beiträge durch Projekte auf Bandcamp.com oder ein kleinerer Kreis an Menschen ist bereit, ihre EP für wenige Franken online zu kaufen. Insgesamt erwirtschaften sie damit maximal eine tiefe vierstellige Summe pro Jahr. Weitere Einkommenszweige wie Merchandise oder Sponsoring sind nicht oder nur in Ansätzen denkbar.  

Abrechnung

Obwohl Rapper*innen des ersten Levels wahrscheinlich auch viel weniger Geld in ihre Musik investieren, können sie mit ihrem Verdienst kaum die Produktionskosten decken. Level 1 Rapper*innen verdienen zwar ein bisschen Geld, davon bleibt ihnen aber nichts für die eigenen Lebenserhaltungskosten übrig.

[2] Level 2 Acts (Beispiele: Luuk, LCone)

Diese Rapper*innen haben bereits ein gewisses Standing als Künstler und haben sich meist gut funktionierende «Independent»-Strukturen aufgebaut. Sie werden von einem Management unterstützt und ihre Musik wird professionell vertrieben.  In der Regel machen sie bereits seit vielen Jahren Musik und haben sich eine solide Fangemeinde aufbauen können.  

Booking

Mit Hilfe ihrer Booking-Agenturen treten sie in der ganzen Schweiz in kleinen Lokalen und an mittelgrossen bis grossen Openairs auf. Damit verdienen sie pro Show etwa CHF 1500.-. Bei einem Richtwert von durchschnittlich 15 Konzerten im Jahr macht dies abzüglich der üblichen 20 % für die Booking-Agentur etwa CHF 18‘000.-. Damit will aber die ganze Live-Crew bezahlt sein.  

Streaming, Verkauf und Sonstiges

Mit einem Album verdienen sie über den digitalen und physischen Verkauf wenige tausend Franken pro Jahr. Gut aufgerundet wird dies durch den gelegentlichen Verkauf von Merchandise-Artikeln. Da ihre Musik hin und wieder in Clubs oder im Radio gespielt wird, kommen durch die SUISA-Auszahlungen bestenfalls einige hundert Franken hinzu. Für lukrative Sponsoring- oder Werbeaufträge sind sie in der Regel zu wenig attraktiv, da sie sich noch immer im Nischenbereich bewegen.  

Ausgaben

Die Kosten für die aufwändige Albumproduktion inklusive Studiomiete, Produzenten, Mischen und Mastering schnell im fünfstelligen Bereich. Auch ein ordentliches Musikvideo kostet rund 1500 Franken.

Abrechnung

Nicht selten beantragen Level 2 Rapper*innen aus diesem Grund Kulturfördergelder, die sie direkt in die finanziell aufwändigen Musikproduktionen investieren. Level 2 Acts kommen bestenfalls mit einem kleinen Plus unter dem Strich davon. Dies reicht aber bei weitem nicht aus, um davon zu leben. Deshalb gehen diese Rapper*innen noch mindestens einer weiteren Erwerbstätigkeit nach.

Streamingbeispiel LUUK

Mit einem Anteil von CHF 0.0045.- (die genauen Zahlen variieren je nach Quelle) pro Spotify-Stream (mind. 30 Sekunden des Songs) verdiente er mit seinem Album «Renaissance», das insgesamt 707‘883 Klicks sammelte, rund 3244 Franken.

[3] Level 3 Acts (Beispiel XEN, Stereo Luchs, Pronto)

Level 3 Rapper*innen haben es in der Schweiz weit gebracht. Sie haben eine eigene, aber breite Fangemeinde und sind in der Musikszene weit bekannt. Oft haben sie ein Major-Label im Rücken, das auf allen Ebenen professionelle Strukturen, Kontakte, hochwertiges Equipment und vor allem viel Budget bieten kann. An den musikalischen Produkten von Level 3 Rappern mit Major-Label sind letztlich dutzende Fachleute beteiligt.

Booking

An Szenefestivals sind sie Headliner und sie sind bestimmt auch auf jedem grösseren Openair vertreten.  Als Gage kassieren sie etwa CHF 3500.-, wobei davon weit mehr Beteiligte bezahlt werden müssen als bei einem Level 2 Act. Bei einem Richtwert von durchschnittlich 15 Konzerten im Jahr macht dies abzüglich der üblichen 20 % für die Booking-Agentur etwa CHF 42‘000.-.

Streaming, Verkauf und Sonstiges

Ihre Streamingzahlen pro Albumrelease bewegen sich im ein- bis zweistelligen Millionenbereich und ihre Alben werden oft über eintausend Mal physisch verkauft. Damit verdienen sie, oder je nach Deal das Label, schnell einmal zehntausende Franken pro Release. Da sie mit ihrer Musik grössere Menschengruppen ansprechen, werden ihre Songs an öffentlichen Veranstaltungen, in Clubs aber auch im Radio gespielt. Bei einem grösseren Hit, der immer wieder öffentlich gespielt wird, kann dies über Jahre hinweg einiges anhäufen. Level 3 Rapper sind mit ihrer Reichweite ausserdem attraktiv für Sponsoring-Aufträge. Das kann von einem Sponsored Post auf Instagram für 500 Franken bis zu einem Werbe-Deal mit einem Getränke- oder Kleiderbrand von ca. 5000 bis 10‘000 Franken reichen. Dazu kommen letztlich noch Einnahmen durch die Verkäufe ihrer Merchandise-Produkte.

Abrechnung

Wenn man obige Beträge addiert, klingt das schnell nach Reichtum. Das ist in der Tat aber nicht der Fall: Für sämtliche Einnahmen, mittlerweile auch im Live-Bereich, verlangt das Label Prozente. Ausserdem müssen sämtliche Beteiligte von den Einnahmen bezahlt werden. Level 3 Rapper investieren oft ein volles Arbeitspensum oder noch mehr in ihre Musik. Da ihre Musik hauptsächlich im bescheidenen Schweizer Markt konsumiert wird, bleibt der finanzielle Riesenerfolg leider aus. Ein Level 3 Rapper kann vielleicht von seiner Musik leben, verdient jedoch unter dem Strich oft nicht mehr als ein durchschnittlicher Arbeitnehmer in der Schweiz.

Streamingbeispiel Pronto:

Mit einem Anteil von CHF 0.0045.- (die genauen Zahlen variieren je nach Quelle) pro Spotify-Stream (mind. 30 Sekunden des Songs) erwirtschaftete er mit seinem Album «Europe», das insgesamt 2'800'342‬ Klicks sammelte, bisher rund 12'831 Franken.

Dieses Ereignis verdeutlichte öffentlich, dass auch ein ein Level 2 Act am Ende des Geldes noch viel Monat übrig hat. Check hier:

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