Die chinesische App erlaubt es ihren mehrheitlich 13- bis 24-jährigen Usern (TikTok ist ab 13 Jahren freigegeben) zu beliebigen Songs eine maximal 15-sekündige Videospur aufzunehmen. Typischerweise wird zum Lieblingssong Karaoke- oder Playback gesungen oder dazu geschauspielert. Filter, Effekte und die Möglichkeit, Slow-Mos und Speed-Ups einzubauen inklusive. Die beliebtesten Clips werden schliesslich auf der Hauptseite der Plattform aufgeführt, wo unter spezifischen Hashtags auch Challenges anzusehen sind.
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Besonders hervorzuheben ist das virale Potenzial, dass ein solcher Clip – ist er auf der Plattform erstmal im Umlauf – auch für den Song oder die jeweiligen Künstler*innen generiert. Die gerade angesagten Challenges und deren kreierende User*innen bestimmen dann jeweils, welcher Song – beziehungsweise ein 15-sekündiger Ausschnitt dessen – vom Grossteil der Community für ihre Videos genutzt wird. So war es auch bei iLOVEFRiDAYs – «Mia Khalifa»: Im Oktober des letzten Jahres veröffentlichte die Userin nyannyanncosplay ein Kurzvideo mit dem genannten Song. Die bereits gestartete #hitormiss Tanz-Challenge wurde damit auf ein nächstes Level gehievt. Als Resultat davon landete der Song schliesslich in der Viral Top 50 Liste von Spotify.
Für das spielerische Remixen und Re-Kontextualisieren von Inhalten auf TikTok scheint heutiger Rap wie gemacht zu sein – oder gar dafür gemacht zu werden.
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Während die Plattform selbst junge Internet-Stars (wie die deutschen Zwillinge Lisa und Lena mit 14 Millionen Followern) hervorbrachte und bereits bekannte Celebrities das Portal vielversprechend zu nutzen wissen, scheint das Rap-Genre im Besonderen zu profitieren. Auch Beispiele wie «Old Town Road» von Lil Nas X – der Song mit der längsten Charts-Präsenz jemals – zeigen, dass TikTok als Sprungbrett zum Megahit fungieren kann. Gerade für das spielerische Remixen und Re-Kontextualisieren von Inhalten auf TikTok scheint heutiger Rap wie gemacht zu sein – oder gar dafür gemacht zu werden. Die Plattform selbst sowie Künstler*innen, die davon profitieren, sehen im Portal das zeitgemässe Tool für Fan-Nähe und Spass. Dank dem dort generierten Content werde sichtbar, wie zugänglich, tanz- und fühlbar Musik für Kinder und Jugendliche sei.
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Das in Europa und den USA zuvor bekannte und TikTok sehr ähnliche musical.ly hatte mit dem Image einer pädophilen-freundlichen Community zu kämpfen, bis es von Tiktok im August 2018 aufgekauft und deren Communities zusammengeführt wurden. Suchalgorithmen sollen TikTok derzeit helfen, erotisches Material von Minderjährigen herauszufiltern. Auch geriet die Applikation in Kritik, weil die App Inhalte, die auf gleichgeschlechtliche Liebe hinweisen, automatisch sperrt. Dies wohl nur, um in Ländern mit homophoben Gesetzgebungen keine Risiken einzugehen. In jüngster Zeit lieferte sich das chinesische Portal einen erneuten Skandal, als netzpolitik.org herausfand, dass auf der App Inhalte von Menschen mit einer Behinderung, von Übergewichtigen oder von Personen aus der LGBTQ-Community in ihrer Reichweite gedrosselt wurden. Damit wollten sie ihre sogenannten «Risikopersonen» vor Mobbing schützen.
Quellen:
https://genius.com/a/the-tiktok-takeover-how-gen-z-s-new-favorite-app-is-turning-memes-into-hits
https://netzpolitik.org/2019/discrimination-tiktok-curbed-reach-for-people-with-disabilities/