Die Zahlen aus Basel sind wirklich erstaunlich: Von den kantonalen Fördergeldern für Musik fliessen 97 Prozent in Institutionen wie das Sinfonieorchester oder das Kammerorchester – kurz: in die klassische Musik. Für den ganzen Rest – Pop, Indie, elektronische Musik, Rock, HipHop – bleiben die restlichen drei Prozent. In Bern und Zürich sieht die Situation ziemlich ähnlich aus. Das zeigen die Recherchen vom Tagesanzeiger. Zum ganzen Artikel geht's hier.
Klar ist, klassische Musik ist extrem kostspielig – man denke an die perfekte Akustik eines KKL, an Orchester mit internationaler Vollprofi-Mannschaft und an teure, prächtige Konzerthallen und Opernhäuser, die ständig renoviert werden müssen – aber das Publikum der Konzerte wird auch ordentlich zur Kasse gebeten. Ein Konzert bei der Basler Philharmonie für die 20 oder 30 Franken, die man für einen Rap-Act hinblättern muss? You’re a dreamer, du! Es ist also verständlich, dass sich die Kantone ihre Orchester etwas kosten lassen, schliesslich kann man sich so auch als Kleinstadt international einen Namen machen. Und Geld zum Fenster hinauswerfen können auch die Chor- und Orchesterleiter nicht. Auch die meisten von ihnen müssen geschickt wirtschaften.
Wie prekär die Lage für CH-Rapper sein kann, haben wir in diesem Artikel durchgerechnet:
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Dennoch zeigt sich an dieser ungleichen Verteilung, dass bei den Behörden und bisweilen in der Politik eine grosse Ignoranz gegenüber jeder Form von Popmusik besteht: Sie wird als «Jugendkultur», als kleiner Bruder der «echten», klassischen Musik belächelt und in irgendwelche versprayten Jugendzentren verbannt. Das wiederum steht in einem krassen Widerspruch zum Hörverhalten der heutigen Gesellschaft. Hat Schubert etwa so viele Streams wie Capital Bra? Ich glaube nicht. Gerade HipHop und Rap, die wohl auch bei den drei Prozent noch zu kurz kommen, sind längst keine «Jugendkultur» mehr, sondern laufen in jedem Grossraumbüro und auf jeder Baustelle auf Heavy Rotation. Dennoch bekommen junge Menschen, die sich als Künstler verwirklichen und eine lebendige und vielfältige Rap-Szene aufbauen wollen, wenig bis gar keine Unterstützung von den Behörden.
Diese Künstler hören die Kids: Wie sie Rap-Texte verarbeiten, haben wir sie im Rahmen unserer Sonderausgabe «Hat Rap ein Problem?» gefragt.
Ab und an bekommen gewiefte Antragschreiber*innen ein Musikvideo finanziert. Verglichen mit den Förderprogrammen in der Klassik ist das gelinde gesagt ein Witz. So müssen praktisch alle Exponenten der HipHop-Szene neben der Kunst so viel arbeiten, dass diese für sie nur ein Hobby oder bestenfalls ein Nebenjob ist. Das ist schade, denn etwas mehr Professionalisierung und mehr Luft zum Atmen würde der Schweizer Popmusik generell guttun. Gefragt sind aber nicht nur die Behörden, sondern auch wir Konsumentinnen und Konsumenten, die talentierte Künstlerinnen und Künstler mit Konzerttickets, Merchandise, CD-Käufen oder Bookings unterstützen können.
«Eus gahds guet ide Schwiiz aber s money woni mach. Drucki endi Monet alles wieder ab»: Mit einer faireren und realistischeren Verteilung, würde der «Struggle» für Schweizer Kulturschaffende zumindest etwas gelindert.