Kleiner Rückblick auf den März 2014: Das allererste LYRICS-Magazin geht in den Druck. Jahre später darf man sagen, dass sich das ambitionierte Matura-Projekt zur wichtigsten Plattform für Urban-Music entwickelt hat. Alle Printausgaben kannst du übrigens hier nachlesen.
Sind die Künstler*innen, die anno 2014 den Zeitgeist mitgeformt haben heute noch aktiv? Das machen die Acts aus der Erstlingsausgabe heute.
Der Cover-Held eröffnete mit den wohl grössten verliehenen Vorschusslorbeeren ever. Noch vor der Veröffentlichung seines wegweisenden Debüts «VodkaZombieRambogang» als bester Rapper der Schweiz betitelt zu werden, ist eine Ansage. Mehr als sechs Jahre später wissen wir, der Luzerner hat mit seinem brachialen, Sound die CH-Rap-Szene in der letzten Dekade mitdefiniert wie nur wenige vor ihm. Auch 2020 mischt der nicht mehr ganz so «jong Mimi» immer noch ganz oben mit.
Szenekenner haben zum Abschluss der Dekade abgestimmt: Diese Künstler*innen haben die 10er-Jahre geprägt.
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«Spätestens mit diesem Album sollte jeder HipHop-Fan dem Bündner zurückgegrüsst haben, denn Flyn ist kein Neuankömmling», schrieb LYRICS-Gründer Elia über den Conscious-Rapper aus dem Süden. Das Album «Ave» stand in den Startlöchern und schielte auf eine erfolgsversprechende Zukunft, schliesslich war auf dem Tape mit Fratelli-B, Milchmaa oder Lou Zarra das Who-is-who der Szene vertreten. Direkt auf das Album folgte der Karriereknick: Seither hat man vom charismatischen Bündner nur noch vereinzelt Gast-Parts gehört. Auch sein Instagram-Auftritt verzeichnet seit 2014 keine neuen Einträge mehr.
2014: Vier Jahre nach seinem Meisterwerk «Seiltänzer» und ein paar Monate nach seinem Kollabo-Album mit Dezmond Dez erschien endlich das erste LYRICS-Interview mit Tommy Vercetti, dem grossen Rap-Godfather von Bern. Das grosse Interview über Kapitalismus, Knackeboul-Disses und Kommerz im Rap begeisterte die damals noch überschaubare Anzahl von Leserinnen und Lesern. Wo Tommy Vercetti heute steht, muss man wohl nicht gross ausführen: Platz 1 in den Charts, eine Fanbase, die ihm auch nach über einer Dekade im Rap-Game loyal den Rücken stärkt und ein zweites Soloalbum, das an den Stärken seines nahezu perfekten Debüts anknüpft.
Mehr über das aktuelle Werk «No 3 Nächt bis Morn» erfährst du im 2019er-Interview:
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«Riesengrosse Träume in einem kleinen Land, genauso steht es um die allesbollet Crew aus Winterthur: Hohes Potenzial, wenig Ertrag.» Bereits im Einstiegsabsatz wird klar, dass es sich bei diesem Quartett um ein Untergrund-Phänomen handelt. Über Free-Downlods, brotlose Kunst und ihren vom Leben geschriebenen Geschichten berichteten sie damals im Interview. Wie sie schon prophezeiten: Der grosse Durchbruch blieb dem Quartett verwehrt. Vom Crew-Gefüge hörte man in den letzten Jahren weniger, dafür pushen einige Member ihre Solokarrieren. Pedro legte 2017 sein Solodebüt hin. WiiTuundBreiT hörte man Anfang des Jahres nach langer Auszeit wieder einmal auf einem Beat. Auch Producer Silent Rabbit hält den allesbollet-Membern die Treue und produziert, so scheint es, ausschliesslich für die Fam.
«Was haben Cro, Kollegah, Farid Bang, Sexion d’Assaut, Soprano, Eko Fresh und Fanta 4 gemeinsam? Sie alle pickten seine Beats und der Erfolg lag ihm zu Füssen.» Seit diesem Satz aus der Erstausgabe hat sich beim Glarner Produzenten vieles getan. Es scheint, als wäre die steile Karrierekurve bis heute noch nicht eingebrochen. Seine Zusammenarbeiten mit der Top-Liga der Pop-Maschinerie lassen ihn noch heute eine Gold- und Platin-Auszeichnung nach der anderen einheimsen. Zu seinem Portfolio zählen Arbeiten mit Martin Solveig, Rita Ora, den Chainsmokers, Galantis oder Coldplay.
Diesen Track hat Freedo mitkomponiert:
In der allerersten Ausgabe haben wir in unserer Rubrik «Next-Up» einigen Newcomern eine verheissungsvolle Zukunft gemalt. Bei einigen hat’s geklappt, bei den anderen weniger: Marash & Dave, heute getrennt unterwegs, haben sich Major-Deals geklärt und sind still on the rise. visus Karriere hat sich auf solidem CH-Rap-Level eingependelt. Chekaa reisst gerade als Rapper und als Produzent hier und im Ausland ab. Auch beim rätoromanischen Aushängeschild Giganto scheint’s trotz der kleinen Zielgruppe ordentlich zu laufen. Die Trypass-Crew hat zwar seit 2015 kein musikalisches Lebenszeichen von sich gegeben, wer aber ihrem Instagram-Channel folgt, weiss, dass immer noch ab und an eine Studiosession eingelegt wird. Ähnlich sieht es beim LYRICS-Award-Gewinner Merlin Alexander aus.
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Man sieht also, unsere CH-Rap-Kultur ist in den letzten Jahren keineswegs stillgestanden. Freuen wir uns auf die nächsten Jahre mit altbekannten Acts und neuen, aufstrebenden Künstler*innen. Alles natürlich feinsäuberlich vom LYRICS Magazin dokumentiert.
Was die Schweizer Rap-Kultur derart einzigartig macht, erklärt dir unser Journalist Luca Thoma
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